- HOME
- 독일교육연구정보
Von Jens Uehlecke
Von einem Lastwagen überrollt, ins Meer gefallen oder bei einem Feuer versengt: Wenn Computer Schaden nehmen, dann sind nicht unbedingt alle gespeicherten Daten verloren - mit raffinierten Methoden sichern Spezialisten die kostbaren Informationen auf der Festplatte.
Die See im norwegischen Raunefjord ist still, es herrscht gute Sicht. 19. Januar 2004: Der Frachter "Rocknes" passiert gerade eine Fahrrinne nahe der Hafenstadt Bergen, als er sich gegen 16.30 Uhr plötzlich auf die Seite legt, voll läuft, in weniger als einer Minute kentert und schließlich kieloben im eisigen Wasser treibt. Nur zwölf der 30 Besatzungsmitglieder können später lebend geborgen werden.
Reederei und Behörden rätseln, wie es zu der Katastrophe kommen konnte. Die norwegische Regierung ordnet eine Untersuchung an und beauftragt auch Fachleute der heimischen Datenrettungfirma Ibas, zu der Aufklärung beizutragen.
Taucher sichern den Navigationscomputer samt der Festplatte aus dem 166-Meter-Schiff. Mithilfe des darauf gespeicherten Logbuches sollen die Ibas-Experten die Unfallursache ergründen. Und obwohl die Platte bereits tagelang im Salzwasser gelegen hat, können sie die letzten Minuten vor dem Untergang tatsächlich rekonstruieren. Die "Rocknes" muss auf einen Felsen gelaufen und dabei leckgeschlagen sein. Die Untiefe im Fjord ist zwar bekannt, aber nur auf den damals aktuellsten Seekarten verzeichnet.
Weltweit haben sich neben Ibas eine Hand voll weiterer Firmen auf die Rettung von Daten spezialisiert. Bei ihren Einsätzen suchen die Fachleute stets das Gleiche: Einsen und Nullen. Denn auf Festplatten werden - wie auf allen digitalen Datenträgern - Informationen im Binärcode abgelegt. Dessen kleinste Einheit ist ein Bit - und das entspricht entweder einer Null oder einer Eins.
In der Regel fasst man acht Bits zu einem Byte zusammen: Die Folge "01000111" steht zum Beispiel für den Buchstaben G. In Abermillionen Zahlenkolonnen werden so ganze Textdokumente, aber auch Musik-, Foto- oder Filmdateien auf Datenträgern wie etwa in Computern gespeichert.
Nicht nur Festplatten werden in den Ibas-Labors untersucht - die Spezialisten rekonstruieren auch Daten von CDs und DVDs, die etwa bei Bränden halb geschmolzen sind; von Magnetbändern, die sich von einem defekten Laufwerk abgewickelt und verknotet haben; und von Mobiltelefonen und Digitalkameras, die etwa in einen Teich gefallen sind. In neun von zehn Fällen aber haben sie es mit Festplatten zu tun.
Kein Plattenspieler: 15.000 Umdrehungen/min
Das Innenleben dieser Datenspeicher sieht einem Plattenspieler ähnlich: Auf einem winzigen Motor rotieren runde Aluminium- oder Glasscheiben mit einer hauchdünnen magnetisierbaren Schicht aus Eisenoxid, Kobalt oder Chromlegierungen. Auf dieser Schicht werden die Informationen Bit für Bit gespeichert, bis zu etwa 200 Millionen Bits pro Quadratmillimeter.
Doch im Gegensatz zum Tonabnehmer des Plattenspielers sausen Schwingarme mit einem Schreib- und Lesekopf an der Spitze zwischen Zentrum und Rand der Scheiben hin und her. Jede Plattenseite hat ihren eigenen Kopf, meist liegen mehrere Platten übereinander.
Zum Speichern von Daten werden Stromimpulse durch einen winzigen Elektromagneten am Kopf geschickt. Dabei entsteht ein Magnetfeld - und damit kann der Kopf winzige Partikel in der Plattenoberfläche ausrichten: entweder nach links oder nach rechts (in Richtung des magnetischen Nord- oder Südpols), je nachdem, ob eine Null oder eine Eins geschrieben werden soll.
Zum Lesen der Daten fährt der Kopf wieder über die Platte: Das von den gerichteten Partikeln ausgehende Magnetfeld verursacht Stromimpulse im Elektromagneten des Kopfes. Diese übersetzt die Festplattenelektronik in Nullen oder Einsen.
Anders aber als eine Plattenspielernadel, berührt der Kopf die unter ihm rotierende Scheibe nicht: Denn die Magnetscheibe dreht sich weitaus schneller als eine Schallplatte - derzeit bis zu 15.000-mal pro Minute.
Bei diesem Tempo entsteht ein Luftpolster, das den Kopf in einer Höhe von 1 bis 20 Nanometer schweben lässt - das ist etwa ein Zehntausendstel der Dicke eines menschlichen Haares. Doch das hohe Tempo birgt ein Risiko: Ist Staub durch ein undichtes Gehäuse eingedrungen, kann schon ein winziges Körnchen davon das Luftpolster stören und den Kopf aus der Bahn werfen. Dann droht ein "Headcrash", bei dem der Kopf auf die Platte kracht, die Magnetschicht zerkratzt - und dabei Daten vernichtet.
Um solche und andere Problemfälle kümmert sich Sascha Homfeldt in der Hamburger Filiale von Ibas. Und ganz gleich, ob ein Kopf über ihre Oberfläche geratscht oder die Platte aus dem dritten Stock gefallen ist, ob ein Brand sie versengt, Wasser ihr zugesetzt oder sie ohne jede Einwirkung ihre Arbeit eingestellt hat - oder ob der Besitzer angibt, er habe den Speicher aus Versehen gelöscht: Homfeldt muss die Festplatte in jedem Fall öffnen.
Kein Kinderspiel: Datenrettung ist Expertenarbeit
Vor einem solchen Eingriff streift sich der Techniker einen weißen Kittel über und steigt in Arbeitsschuhe mit antistatischer Sohle. Zusätzlich verbindet er sein Handgelenk per Kabel mit dem Tisch und ist damit geerdet. Das soll verhindern, dass ein - noch so schwacher - elektrischer Strom von ihm auf die Platte überspringt und die womöglich noch intakte Elektronik beschädigt.
Mit einem Schraubenzieher öffnet Homfeldt dann das Plattengehäuse. Um das Innenleben vor Staub zu schützen, versorgt eine Art umgekehrte Dunstabzugshaube das Labor mit gefilterter Luft.
In diesem "Reinraum" kann der Computerexperte die Festplatte erforschen: die Magnetscheiben, die er per Augenschein oder im Mikroskop auf Beschädigungen absucht; die Köpfe, bei denen er kontrolliert, ob sie präzise ihre Position anfahren; den Motor und die Steuerelektronik, die er daraufhin überprüft, ob sie noch drehend und regelnd die Platte in Bewegung versetzen.
Quelle: www.spiegel.de
Von einem Lastwagen überrollt, ins Meer gefallen oder bei einem Feuer versengt: Wenn Computer Schaden nehmen, dann sind nicht unbedingt alle gespeicherten Daten verloren - mit raffinierten Methoden sichern Spezialisten die kostbaren Informationen auf der Festplatte.
Die See im norwegischen Raunefjord ist still, es herrscht gute Sicht. 19. Januar 2004: Der Frachter "Rocknes" passiert gerade eine Fahrrinne nahe der Hafenstadt Bergen, als er sich gegen 16.30 Uhr plötzlich auf die Seite legt, voll läuft, in weniger als einer Minute kentert und schließlich kieloben im eisigen Wasser treibt. Nur zwölf der 30 Besatzungsmitglieder können später lebend geborgen werden.
Reederei und Behörden rätseln, wie es zu der Katastrophe kommen konnte. Die norwegische Regierung ordnet eine Untersuchung an und beauftragt auch Fachleute der heimischen Datenrettungfirma Ibas, zu der Aufklärung beizutragen.
Taucher sichern den Navigationscomputer samt der Festplatte aus dem 166-Meter-Schiff. Mithilfe des darauf gespeicherten Logbuches sollen die Ibas-Experten die Unfallursache ergründen. Und obwohl die Platte bereits tagelang im Salzwasser gelegen hat, können sie die letzten Minuten vor dem Untergang tatsächlich rekonstruieren. Die "Rocknes" muss auf einen Felsen gelaufen und dabei leckgeschlagen sein. Die Untiefe im Fjord ist zwar bekannt, aber nur auf den damals aktuellsten Seekarten verzeichnet.
Weltweit haben sich neben Ibas eine Hand voll weiterer Firmen auf die Rettung von Daten spezialisiert. Bei ihren Einsätzen suchen die Fachleute stets das Gleiche: Einsen und Nullen. Denn auf Festplatten werden - wie auf allen digitalen Datenträgern - Informationen im Binärcode abgelegt. Dessen kleinste Einheit ist ein Bit - und das entspricht entweder einer Null oder einer Eins.
In der Regel fasst man acht Bits zu einem Byte zusammen: Die Folge "01000111" steht zum Beispiel für den Buchstaben G. In Abermillionen Zahlenkolonnen werden so ganze Textdokumente, aber auch Musik-, Foto- oder Filmdateien auf Datenträgern wie etwa in Computern gespeichert.
Nicht nur Festplatten werden in den Ibas-Labors untersucht - die Spezialisten rekonstruieren auch Daten von CDs und DVDs, die etwa bei Bränden halb geschmolzen sind; von Magnetbändern, die sich von einem defekten Laufwerk abgewickelt und verknotet haben; und von Mobiltelefonen und Digitalkameras, die etwa in einen Teich gefallen sind. In neun von zehn Fällen aber haben sie es mit Festplatten zu tun.
Kein Plattenspieler: 15.000 Umdrehungen/min
Das Innenleben dieser Datenspeicher sieht einem Plattenspieler ähnlich: Auf einem winzigen Motor rotieren runde Aluminium- oder Glasscheiben mit einer hauchdünnen magnetisierbaren Schicht aus Eisenoxid, Kobalt oder Chromlegierungen. Auf dieser Schicht werden die Informationen Bit für Bit gespeichert, bis zu etwa 200 Millionen Bits pro Quadratmillimeter.
Doch im Gegensatz zum Tonabnehmer des Plattenspielers sausen Schwingarme mit einem Schreib- und Lesekopf an der Spitze zwischen Zentrum und Rand der Scheiben hin und her. Jede Plattenseite hat ihren eigenen Kopf, meist liegen mehrere Platten übereinander.
Zum Speichern von Daten werden Stromimpulse durch einen winzigen Elektromagneten am Kopf geschickt. Dabei entsteht ein Magnetfeld - und damit kann der Kopf winzige Partikel in der Plattenoberfläche ausrichten: entweder nach links oder nach rechts (in Richtung des magnetischen Nord- oder Südpols), je nachdem, ob eine Null oder eine Eins geschrieben werden soll.
Zum Lesen der Daten fährt der Kopf wieder über die Platte: Das von den gerichteten Partikeln ausgehende Magnetfeld verursacht Stromimpulse im Elektromagneten des Kopfes. Diese übersetzt die Festplattenelektronik in Nullen oder Einsen.
Anders aber als eine Plattenspielernadel, berührt der Kopf die unter ihm rotierende Scheibe nicht: Denn die Magnetscheibe dreht sich weitaus schneller als eine Schallplatte - derzeit bis zu 15.000-mal pro Minute.
Bei diesem Tempo entsteht ein Luftpolster, das den Kopf in einer Höhe von 1 bis 20 Nanometer schweben lässt - das ist etwa ein Zehntausendstel der Dicke eines menschlichen Haares. Doch das hohe Tempo birgt ein Risiko: Ist Staub durch ein undichtes Gehäuse eingedrungen, kann schon ein winziges Körnchen davon das Luftpolster stören und den Kopf aus der Bahn werfen. Dann droht ein "Headcrash", bei dem der Kopf auf die Platte kracht, die Magnetschicht zerkratzt - und dabei Daten vernichtet.
Um solche und andere Problemfälle kümmert sich Sascha Homfeldt in der Hamburger Filiale von Ibas. Und ganz gleich, ob ein Kopf über ihre Oberfläche geratscht oder die Platte aus dem dritten Stock gefallen ist, ob ein Brand sie versengt, Wasser ihr zugesetzt oder sie ohne jede Einwirkung ihre Arbeit eingestellt hat - oder ob der Besitzer angibt, er habe den Speicher aus Versehen gelöscht: Homfeldt muss die Festplatte in jedem Fall öffnen.
Kein Kinderspiel: Datenrettung ist Expertenarbeit
Vor einem solchen Eingriff streift sich der Techniker einen weißen Kittel über und steigt in Arbeitsschuhe mit antistatischer Sohle. Zusätzlich verbindet er sein Handgelenk per Kabel mit dem Tisch und ist damit geerdet. Das soll verhindern, dass ein - noch so schwacher - elektrischer Strom von ihm auf die Platte überspringt und die womöglich noch intakte Elektronik beschädigt.
Mit einem Schraubenzieher öffnet Homfeldt dann das Plattengehäuse. Um das Innenleben vor Staub zu schützen, versorgt eine Art umgekehrte Dunstabzugshaube das Labor mit gefilterter Luft.
In diesem "Reinraum" kann der Computerexperte die Festplatte erforschen: die Magnetscheiben, die er per Augenschein oder im Mikroskop auf Beschädigungen absucht; die Köpfe, bei denen er kontrolliert, ob sie präzise ihre Position anfahren; den Motor und die Steuerelektronik, die er daraufhin überprüft, ob sie noch drehend und regelnd die Platte in Bewegung versetzen.
Quelle: www.spiegel.de